Politik

Finnland: Pipeline offenbar durch Fremdeinwirkung beschädigt

Lesezeit: 3 min
10.10.2023 15:57  Aktualisiert: 10.10.2023 15:57
Nach der aufsehenerregenden Sabotage an den Nord-Stream-Gasleitungen vor rund einem Jahr könnte eine weitere Pipeline in der Ostsee durch Fremdeinwirkung beschädigt worden sein. Eine Gas-Pipeline zwischen Finnland und Estland wurde offenbar von außen beschädigt.
Finnland: Pipeline offenbar durch Fremdeinwirkung beschädigt
Margus Tsahkna (li.), Außenminister von Estland, und Hanno Pevkur, Verteidigungsminister von Estland, bei der Pressekonferenz zur zerstörten Pipeline. (Foto: dpa)
Foto: Sergei Grits

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Rohstoffe  
Nato  
Europa  

Finnland geht davon aus, dass Schäden an der Gas-Pipeline Balticconnector durch Einwirkung von außen verursacht worden sind. Sowohl Präsident Sauli Niinistö als auch Ministerpräsident Petteri Orpo sprachen von „äußerer Aktivität“, die dem Vorfall wahrscheinlich zugrunde liege.

Die betroffene Pipeline Balticconnector verläuft zwischen Finnland und Estland. Die Betreibergesellschaften Gasgrid (Finnland) und Elering (Estland) hatten am frühen Sonntagmorgen einen plötzlichen Druckabfall in der Leitung bemerkt. Der Gastransport zwischen den beiden EU-Ländern wurde daraufhin unterbrochen. Seitdem ist die Leitung außer Betrieb. Das Gasleck wurde nach Gasgrid-Angaben mit der Isolierung des Teilabschnitts und dem Schließen der Ventile gestoppt. Die Reparatur dürfte nun Monate dauern. Die Kriminalpolizei leitete Ermittlungen ein, um festzustellen, ob tatsächlich Sabotage oder etwas anderes hinter dem Vorfall steckt.

Nato will Infrastruktur schützen

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach mit dem finnischen Präsidenten über den Schaden, wie in Brüssel ein Nato-Beamter berichtete. Das nordatlantische Verteidigungsbündnis sei bereits dabei, die Sicherheit der kritischen Infrastruktur unter Wasser zu verstärken. „Wir beobachten die Situation weiter sehr genau.“ Die Nato stehe in engem Kontakt mit Estland und Finnland. Unter anderem als Reaktion auf die Beschädigung stiegen die Preise am europäischen Erdgasmarkt kräftig an – liegen aber weiter unter dem Niveau, die sie im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht hatten.

Die Leckstelle liegt nach Regierungsangaben in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Finnlands. Die festgestellte Beschädigung könne nach einer vorläufigen Beurteilung weder durch die normale Nutzung der Pipeline noch durch Druckschwankungen entstanden sein, sagte Orpo auf einer Pressekonferenz in Helsinki. Es sei wahrscheinlich, dass das Leck auf äußere Einwirkungen zurückzuführen sei.

Zuvor hatte bereits Finnlands Präsident Sauli Niinistö die Beschädigung der Unterwasser-Infrastruktur mit Fremdeinwirkung in Verbindung gebracht. „Es ist wahrscheinlich, dass der Schaden sowohl an der Gasleitung als auch am Datenkabel durch äußere Aktivität verursacht wurde. Was den Schaden genau verursacht hat, ist noch nicht bekannt“, schrieb er in einer Erklärung. Sein estnischer Amtskollege Alar Karis sprach von „sehr besorgniserregenden Informationen“.

Bei dem besagten Kabel handelt es sich um ein Kommunikationskabel, das Finnland und Estland verbindet. Nach Angaben der Regierung in Tallinn befindet sich dessen Beschädigung höchstwahrscheinlich in der estnischen Wirtschaftszone. Eine Bestätigung dafür stehe aber noch aus, sagte Verteidigungsminister Hanno Pevkur. Ob das Leck in der Gasleitung und der Kabelausfall miteinander in Verbindungen stehen, werde die Untersuchung zeigen. Ereignet hätten sie sich geografisch an unterschiedlichen Orten. Zeitlich lägen sie aber recht nah beieinander, sagte Pevkur.

In dem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg bekräftigte Niinistö, dass der Vorfall keinen Einfluss auf die Versorgungssicherheit seines Landes habe. Auch die estnische Regierung betonte, dass die Gasversorgung des nördlichsten der drei baltischen Staaten nicht beeinträchtigt sei. Mehrere Nato-Verbündete sprachen Finnland und Estland Unterstützung aus. Litauen teilte mit, die Überwachung seiner strategischen Infrastruktur zu verstärken.

Erst vor 3 Jahren Betrieb aufgenommen

Balticconnector war Anfang 2020 in Betrieb genommen worden. Die rund 150 Kilometer lange Pipeline verläuft vom finnischen Inkoo über den Finnischen Meerbusen bis ins estnische Paldiski. Der betroffene Offshore-Abschnitt im Meer ist gut 77 Kilometer lang. Die Pipeline ist deutlich kürzer als die Gasleitungen Nord Stream 1 und 2, die vor rund einem Jahr bei Sabotageakten in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm schwer beschädigt wurden. Wer hinter den Nord-Stream-Anschlägen steckt, ist bis heute nicht geklärt.

Nach Angaben von Estlands Außenminister Margus Tsahkna gibt es Informationen darüber, welche Schiffe sich während des Vorfalls in der Umgebung der Pipeline bewegt haben. Noch sei es jedoch zu früh, diese offenzulegen. Der Vorfall zeige jedoch, dass der Sicherung kritischer Unterwasserinfrastruktur besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse.

Anders als bei den Vorfällen an den Nord-Stream-Leitungen verzeichneten Seismologen keine größeren Explosionen, als das Leck von Balticconnector entstand. Die estnischen Regierungsvertreter bestätigten, dass der Schaden an der Gas-Leitung mechanischer Natur sei. Ein heftiger Sturm am Wochenende oder eine Beschädigung der Leitung durch den Wellengang könnten als mögliche Ursachen ausgeschlossen werden, sagte Elering-Vorstandschef Kalle Kiik.

Finnland hatte im Mai 2022 als Reaktion auf den Ukrainekrieg den Beitritt zur Nato beantragt. Vor rund einem halben Jahr wurde das nordische EU-Land dann als 31. Mitglied in das Verteidigungsbündnis aufgenommen. Es grenzt auf einer Länge von rund 1340 Kilometern an Russland. (dpa, jb)


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nike schnappt Adidas die Nationalmannschaft weg: Der DFB kennt keine Gnade
18.05.2024

Über 70 Jahre waren sie eine Einheit – die deutsche Nationalmannschaft in ihren Adidas-Trikots und ihren Schuhen mit den drei Streifen....

DWN
Finanzen
Finanzen Günstiger Urlaub? Versteckte Kosten, die Sie unbedingt im Blick haben sollen!
18.05.2024

Sie haben Ihren Sommerurlaub bestimmt schon geplant und freuen sich darauf, eine schöne Zeit am Strand zu verbringen und sich zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Schulden-Restrukturierung: Ukraine braucht weitere Zugeständnisse von internationalen Investoren
18.05.2024

Die Ukraine will möglichst schnell ihre Finanzierung über den Kapitalmarkt neu aufstellen. Es geht um bereits am Markt platzierte...

DWN
Politik
Politik Für immer beschützt von Uncle Sam? Warum Europa nicht mehr auf die Hilfe der USA zählen sollte
18.05.2024

Sinkt das Interesse der USA an Europa? Für Jahrzehnte galt es als gesichert, dass die Vereinigten Staaten von Amerika Westeuropa vor...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Klimawandel führt zu weniger Ertrag und Qualität bei Reis
18.05.2024

Japanische Forscher wollten herausfinden, wie sich der Klimawandel auf die Reisernte auswirkt. Dafür haben sie mehrere Szenarien...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Kommentar: 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance - das ist doch ein unternehmerischer Alptraum!
17.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft E-Autos: Zölle gegen China – sollte die EU jetzt den USA nacheifern?
17.05.2024

Nachdem die USA die Zölle auf chinesische Elektroautos drastisch angehoben haben, steht nun die EU vor der Frage, ob sie es dem großen...

DWN
Panorama
Panorama Gesundheitsminister präsentiert neuen Bundes-Klinik-Atlas für Deutschland
17.05.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird am Freitag den "Bundes-Klinik-Atlas" vorstellen, ein staatliches Vergleichsportal, das...