Deutschland

Ifo-Index: Geschäftsklima in Deutschland hellt sich überraschend auf

Lesezeit: 2 min
24.02.2020 10:37  Aktualisiert: 24.02.2020 10:37
Die deutsche Wirtschaft scheint von der Entwicklung rund um das Coronavirus unbeeindruckt.
Ifo-Index: Geschäftsklima in Deutschland hellt sich überraschend auf
Hamburger Hafen. (Foto: dpa)
Foto: Christian Charisius

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar trotz der Coronavirus-Epidemie leicht aufgehellt. Das Barometer für das Ifo-Geschäftsklima stieg überraschend auf 96,1 Punkte von 96,0 Zählern, wie das Münchner Institut am Montag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten hingegen mit einem Rückgang auf 95,3 Zähler gerechnet.

"Die deutsche Wirtschaft scheint von der Entwicklung rund um das Coronavirus unbeeindruckt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Firmenchefs beurteilten ihre Aussichten günstiger, aber ihre Geschäftslage skeptischer als zuletzt.

Analysten sagten dazu in ersten Reaktionen:

JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:

"Das Coronavirus dürfte die Industrierezession in Deutschland um ein paar Monate verlängern. Denn in China lässt alleine eine Woche mit massiven Produktionsausfällen (von minus 50 Prozent in der Industrie) das dortige Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal nach unseren Schätzungen gegenüber einer Situation ohne Corona um zwei Prozent fallen. Das erste Quartal wird in China also schlecht ausfallen. Es ist gut möglich, dass dies das deutsche Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal wegen sinkender Exporte und fehlender Zulieferungen schrumpfen lässt - zumal das Virus Norditalien erreicht hat."

FRITZI KÖHLER-GEIB, KFW-CHEFÖKONOMIN:

"Das Ifo-Geschäftsklima für Februar wurde mit Spannung erwartet, denn es bietet einen ersten Eindruck davon, wie stark das Coronavirus die deutschen Unternehmen beunruhigt. Bisher gibt es hierzu zwar Berichte aus einzelnen Unternehmen, aber kaum belastbare Daten zu den Auswirkungen in der Breite. Der Fokus liegt auf dem international verflochtenen Verarbeitenden Gewerbe, das im Januar eine deutliche Stimmungsaufhellung gemeldet hat und nun überraschend eine erneute Verbesserung des Geschäftsklimas verzeichnet. Dennoch ist zu befürchten, dass die deutsche Industrie beeinträchtigt wird, wenn Zulieferer aus China infolge des Coronavirus noch länger stillstehen und es außerdem zu Nachfrageausfällen kommt. Erfahrungsgemäß gibt es nach konjunkturellen Schocks wie dem Coronavirus eine Aufholbewegung, die aber wahrscheinlich nicht ausreicht, um den gesamten Wachstumsverlust binnen Jahresfrist auszugleichen."

ANDREAS SCHEUERLE, DEKABANK:

"Man könnte die heutigen Daten mit 'Inkubation' überschreiben. Es gibt Hinweise auf eine Infektion der deutschen Wirtschaft mit dem Coronavirus, doch noch ist die Krankheit nicht ausgebrochen. Das liegt unter anderem an den Transportzeiten: Viele Containerschiffe, die wegen Corona in China nicht losfahren konnten, wären derzeit noch auf Hoher See. Da die Produktionseinschränkungen in China aber nur sehr langsam abgebaut werden, werden die Liefer- und Absatzprobleme perspektivisch immer stärker auf der Wirtschaft lasten. Hinzu kommt die besorgniserregende Verschärfung der Situation in Italien. Es ist damit zu rechnen, dass die nächsten Stimmungsindikatoren noch deutlicher zurückgehen und Konjunkturprognosen nach unten revidiert werden."

BASTIAN HEPPERLE, BANKHAUS LAMPE:

"Das Geschäftsklima ist noch ohne Virus-Befund. Offensichtlich dauert der Transport etwas länger, bis die Meldungen über Lieferstörungen und Absatzeinbrüchen in China auch hierzulande im Geschäftsklima ankommen. Bei Ländern, mit besonders engen Handelsbeziehungen, ist das schon deutlich sichtbar. Deutschland dürfte noch folgen. Der kurzfristige Ausblick bleibt damit getrübt. Eine allmähliche Konjunkturerholung wird wohl weiter auf sich warten lassen."

ULRICH WORTBERG, HELABA:

"Das Stimmungsbarometer hat sich erholt und die Konsensschätzung übertroffen. Damit folgt es den vorläufigen Einkaufsmanagerindizes und nicht den rückläufigen sentix- und ZEW-Umfragen. Das Szenario einer allmählichen Konjunkturbelebung wird untermauert. Zinssenkungserwartungen bezüglich der EZB sollten nicht forciert werden, wenngleich negative Auswirkungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Ausbreitung nicht ausgeschlossen werden können."


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Kommentar: 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance - das ist doch ein unternehmerischer Alptraum!
17.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft E-Autos: Zölle gegen China – sollte die EU jetzt den USA nacheifern?
17.05.2024

Nachdem die USA die Zölle auf chinesische Elektroautos drastisch angehoben haben, steht nun die EU vor der Frage, ob sie es dem großen...

DWN
Panorama
Panorama Gesundheitsminister präsentiert neuen Bundes-Klinik-Atlas für Deutschland
17.05.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird am Freitag den "Bundes-Klinik-Atlas" vorstellen, ein staatliches Vergleichsportal, das...

DWN
Politik
Politik 13 Außenminister alarmiert: Rafah droht laut einem Pressebericht ein Großangriff
17.05.2024

13 Außenminister haben Israel in einem Brief vor einer umfassenden Militäroffensive in Rafah im südlichen Gazastreifen gewarnt und mehr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Unser neues Magazin ist da: Macht. Spiel. Politik – Hinter den Kulissen der Fußball-EM 2024
17.05.2024

Eröffnet die EM 2024 eine glänzende Perspektive für die deutsche Wirtschaft oder wird das Großevent ein weiteres Symptom für...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Neue Front bei Charkiw - Die Nacht im Überblick
17.05.2024

Die Ukraine kämpft weiterhin gegen den russischen Angriff entlang ihrer Ostgrenze im Gebiet Charkiw. Schwere Gefechte wurden bei den Orten...

DWN
Politik
Politik Arbeitsvisa-Abkommen mit Drittstaaten: Lösung für Europas Asylkrise?
17.05.2024

Experten vom Ifo-Institut schlagen Arbeitsvisa-Abkommen zwischen der EU und sicheren Drittstaaten vor, um Asylanträge und irreguläre...

DWN
Technologie
Technologie Europarat beschließt eine Konvention zur Regelung von KI
17.05.2024

Es gibt große Erwartungen an die KI-Konvention des Europarats: Wird sie die Lücken füllen, die das EU-KI-Gesetz offenließ? Kritiker...